Die Präsidentin
Willkommen
In vielerlei Hinsicht war 2021 aufgrund der anhaltenden Covid-19-Pandemie und des Abbruchs der EU-Verhandlungen ein Wendejahr für die Schweiz und auch für den Schweizerischen Wissenschaftsrat. Zu Jahresbeginn durfte ich von meinem Vorgänger Gerd Folkers das Präsidium des SWR übernehmen – ein Gremium, das eine neutrale und unparteiische Perspektive zu den wichtigsten Fragen der Bildung, Forschung und Innovation in der Schweiz einnimmt. Da dies während einer weltweiten Pandemie geschah, bei der persönliche Treffen und der direkte Austausch nur sporadisch möglich waren, gebührt ein grosses Dankeschön meinen Kolleginnen und Kollegen sowie der Geschäftsstelle. Ohne ihren Beistand und ihr Engagement wäre die Übergabe des Präsidiums viel beschwerlicher gewesen. Sehr wertvoll waren auch die vielen Besuche bei den BFI-Partnern und die bilateralen Gespräche mit Bundesrat Guy Parmelin und Staatssekretärin Martina Hirayama.
Das zweite Jahr der Pandemie beschäftigte den SWR auch 2021. Im Rahmen eines der drei übergreifenden Themen seines Arbeitsprogramms begann er über Erfahrungen und Erkenntnisse der Pandemie (cf. enseignements de la pandémie de Covid-19) nachzudenken. Parallel dazu nahm der Rat gemeinsam mit den Hauptakteuren der BFI-Landschaft an einer Reihe von Workshops und Diskussionsrunden zur Frage des zukünftigen Krisenmanagements teil – Themen, die den Rat auch 2022 beschäftigen werden. Dies alles geschah, während sich dunkle Wolken nach dem Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU im Mai über der Beteiligung der Schweiz an den europäischen Forschungsprogrammen zusammenzogen. Der SWR ist sehr besorgt über die Konsequenzen für die BFI-Landschaft. Wir hoffen sehr, dass wieder ein Wille und ein Weg zu einer erneuten Assoziierung gefunden werden können, und haben dafür einen Offenen Brief, unterzeichnet von 33 europäischen Wissenschaftsräten, in die Wege geleitet.
Die wichtigste Arbeit des SWR im Jahr 2022 war zweifelsohne die Gesamtevaluation des Schweizerischen Nationalfonds. Dazu hat er vier Mandate erteilt und ein internationales Expertengremium zusammengestellt. Da die Gesamtevaluation noch in Arbeit ist, werden die Resultate erst 2022 veröffentlicht. Aus diesem Grund haben wir die Gelegenheit genutzt, den Rat selbst im diesjährigen Jahresbericht, der zum ersten Mal digital vorliegt, ins Rampenlicht zu stellen.
Das Besondere am Schweizerischen Wissenschaftsrat ist seine politische und institutionelle Unabhängigkeit. Meine Kolleginnen und Kollegen und ich können über Grenzen hinweg denken. Unser Prozess ist diskussionsorientiert und stützt sich auf internes und externes Sachwissen. Da wir auch keine Mittel vergeben, ist unsere Neutralität sichergestellt. All dies garantiert die Qualität unserer Befunde und hilft uns dabei, dem Bundesrat unparteiische Empfehlungen zu den Herausforderungen der Schweiz zu unterbreiten.
Präsidentin des Schweizerischen Wissenschaftsrates
Bienvenue
En raison du prolongement de la pandémie de Covid-19 et de la rupture des négociations avec l’UE, 2021 a été à bien des égards une année charnière pour la Suisse, mais aussi pour le Conseil suisse de la science. En début d’année, j’ai eu le privilège de succéder à Gerd Folkers à la présidence du CSS – un organe qui adopte une perspective neutre et impartiale sur les principales questions relevant de la formation, de la recherche et de l’innovation en Suisse. Cette reprise de flambeau s’étant déroulée au cours d’une pandémie, lors de laquelle les rencontres personnelles et les échanges directs n’étaient possibles que de manière sporadique, je tiens à remercier chaleureusement tous mes collègues ainsi que le secrétariat. Sans leur soutien et leur engagement, le transfert de la présidence aurait été bien plus ardu. Les nombreuses visites aux partenaires FRI ainsi que les entretiens bilatéraux avec le conseiller fédéral Guy Parmelin et la secrétaire d’État Martina Hirayama se sont également révélés très précieux.
Cette deuxième année de pandémie a une fois de plus occupé le CSS en 2021. Dans le cadre de l’un des trois thèmes transversaux de son programme de travail, il a entamé une réflexion sur les expériences et les enseignements de la pandémie de Covid-19. En parallèle, le Conseil a participé avec les principaux acteurs du paysage FRI à une série d’ateliers et de tables rondes sur la question de la gestion de crises futures – des thèmes qui continueront de préoccuper le Conseil en 2022. Tout cela s’est déroulé alors que des nuages menaçants planaient sur la participation de la Suisse aux programmes de recherche européens suite à la rupture des négociations sur l’accord-cadre avec l’UE en mai. Le CSS est profondément préoccupé par les conséquences pour le paysage FRI. Nous espérons vivement qu’une volonté et une voie vers une nouvelle participation pourront être à nouveau trouvées, et nous avons lancé à cet effet une lettre ouverte signée par 33 conseils scientifiques européens.
Le travail le plus important du CSS en 2022 a sans aucun doute été l’évaluation du Fonds national suisse, pour lequel il a attribué quatre mandats et constitué un groupe d’experts internationaux. Étant donné que l’évaluation est encore en cours, les résultats ne seront publiés qu’en 2022. Nous avons donc saisi cette occasion afin de mettre le Conseil lui-même sous les feux de la rampe dans le rapport annuel de cette année, disponible pour la première fois sous forme numérique
La particularité du Conseil suisse de la science est son indépendance politique et institutionnelle. Cela nous donne une grande liberté de pensée. Nos processus sont tournés vers le dialogue et se fondent sur des savoirs internes et externes. Notre neutralité est assurée du fait que nous n'octroyons pas de subsides. Tout cela garantit la qualité de nos expertises et nous aide à donner au Conseil fédéral des recommandations impartiales sur les défis posés à la Suisse.
Présidente du Conseil suisse de la science
Le Conseil suisse de la science est un organe consultatif unique qui peut aborder de manière professionnelle et impartiale tous les défis auxquels la Suisse est confrontée dans le domaine de l’éducation, de la recherche et de l’innovation.
Kontakte der Präsidentin
Im Zentrum der Gespräche standen die Covid-19-Krise und die unsichere Zukunft der Schweizer Forschenden in den EU-Programmen.
Tagespolitische Aktualitäten prägten die zwei Treffen von Sabine Süsstrunk mit Bundesrat Guy Parmelin im März und im November 2021. Zudem kamen weitere Bereiche, z.B. das Atelier sur l’acceptation politique des Arbeitsprogrammes 2020−2023 des SWR zur Sprache. Die neue Präsidentin des SWR verwies darauf, dass sie den Austausch mit den zentralen Anspruchsgruppen und der interessierten Öffentlichkeit verstärken will. Häufiger als in anderen Jahren traf sich die SWR-Führung mit dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI, mit Staatssekretärin Martina Hirayama und ihren Mitarbeitenden. Im Zentrum dieser Gespräche standen neben den aktuellen Entwicklungen insbesondere die Evaluation des Schweizerischen Nationalfonds, die der Rat im Auftrag des SBFI durchführt, und die Vorbereitungen für die BFI-Botschaft 2025–2028.
Trotz pandemischer Einschränkungen wollte die neue Präsidentin des SWR möglichst viele wichtige Akteure im Bereich Bildung, Forschung und Innovation persönlich treffen.
Ihre Besuche führten Sabine Süsstrunk zu den Präsidenten der Akademien der Wissenschaften Schweiz, des ETH-Rates, von swissuniversities, des Schweizerischen Nationalfonds und Innosuisse. Rasch entstanden Anknüpfungspunkte; insbesondere die Rolle der Wissenschaft im Covid-Krisenmanagement war und ist allen ein Anliegen. Ausserdem beteiligte sich der Rat an zwei Veranstaltungen «Science after Noon» der Akademien. Anfang 2021 hatte Sabine Süsstrunk überdies einen virtuellen Austausch mit dem damaligen Präsidenten der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates, Mathias Reynard. Im Frühling traf sie Bundeskanzler Walter Thurnherr; die beiden diskutierten über die Rolle des SWR sowie generell der Wissenschaft in der Bundespolitik.
Im Zentrum der Schweizerischen Hochschulkonferenz stand die Legislaturplanung zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation, die sogenannte BFI-Botschaft.
Die Entscheide und Diskussionen im Rahmen der Schweizerischen Hochschulkonferenz SHK, des obersten hochschulpolitischen Koordinationsorgans der Schweiz, sind für die Arbeit des SWR von grosser Bedeutung. Wichtige Themen aus der Sicht des Rates waren im Berichtsjahr die institutionelle Akkreditierung (siehe dazu die Stellungnahme des SWR vom 27. September 2021), die Inkraftsetzung der Zulassung zu den Fachhochschulen sowie der Start der Vorbereitungen für die BFI-Botschaft 2025–2028. Insbesondere die Planungen für die BFI-Botschaft werden den Rat auch 2022 namhaft beschäftigen. Von grossem Wert war für ihn zudem der Informationsaustausch an den SHK-Sitzungen. swissuniversities präsentierte Übersichten zu der Covid-19-Situation an den Hochschulen, zudem berichtete Staatssekretärin Martina Hirayama jeweils über den aktuellen Stand zu den EU-Forschungs- und Bildungsprogrammen.
Der SWR überdenkt gemeinsam mit den BFI-Partnern die zukünftigen Mechanismen für den Einbezug der Wissenschaft in das Krisenmanagement der Schweiz.
Im Namen der BFI-Partner swissuniversities, der Akademien der Wissenschaften, dem Schweizerischen Nationalfonds SNF und Innosuisse lud der Präsident des ETH-Rats, Michael Hengartner zu Beginn des Jahres 2021 die neue Präsidentin des Rates, Sabine Süsstrunk dazu ein, gemeinsam über die Bildung zukünftiger Task Forces nachzudenken. Die Swiss National Covid-19 Science Task Force war in den ersten Monaten der Pandemie in kurzer Zeit mit der Unterstützung des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation und in Zusammenarbeit mit dem ETH-Rat, dem SNF und den Akademien der Wissenschaften Schweiz gegründet worden. Sie operiert seither erfolgreich als Beratungsorgan der Bundesbehörden, später auch im Mandatsverhältnis mit dem Bundesamt für Gesundheit. Es wurde jedoch auch sichtbar, dass die ad hoc-Organisation Mängel aufwies: Sie verfügte über keine klare institutionelle Einbettung und über keine Kommunikationsstrategie.
Der digitale Austausch unter den europäischen Wissenschaftsräten hat sich seit 2020 pandemiebedingt eher intensiviert.
Im Zuge der Covid-19-Krise wurde in vielen Staaten über die Rolle der wissenschaftlichen Beratungsorgane debattiert, was wiederum zu einem verstärkten Austausch der europäischen Wissenschaftsräte führte. Das zeigte sich zum Beispiel innerhalb des European Science Advisors Forum (cf. Unsere internationale Vernetzung). Für den SWR bot eines der europäischen Treffen auch die Möglichkeit, auf die Bedeutung der Schweizer Teilnahme an Horizon Europe hinzuweisen. Ein kleines Highlight von 2021 war das Abendessen von Ratsmitgliedern mit dem Danish Council for Research and Innovation Policy. Die lebhaften Diskussionen bei einem Glas Wein über die Unterschiede der Forschungs- und Innovationspolitik der beiden Länder hinterliessen stärkere Eindrücke als manche mehrstündige Videokonferenz.
Bereits kurz nach ihrer Amtsübernahme stellte sich Sabine Süsstrunk den Medien.
Hauptziel der Medienkonferenz vom 14. Januar 2021 war es, das neue Arbeitsprogramm 2020–2023 vorzustellen und dem SWR in der Öffentlichkeit ein Gesicht zu geben. Die SWR-Präsidentin äusserte sich zudem zur Rolle der Wissenschaft in der Politikberatung; pandemiebedingt war das Interesse dafür gross. Stets unterstrich Süsstrunk zudem die Bedeutung der EU-Forschungsrahmenprogramme für Schweizer Forschende. Im Zuge der Medienorientierung, die leider nur virtuell durchgeführt werden konnte, traf die Präsidentin verschiedene Medien zu Einzelgesprächen. Ausführliche Interviews erschienen in der NZZ, im Tagesgespräch im Radio SRF, in La Matinale im Radio RTS, und etwas später in Le Temps. Der Austausch mit den Publikumsmedien soll in den kommenden Jahren weitergeführt werden.
It is important that scientists from diverse fields discuss difficult problems that face our society, economy, academic environment, and political institutions. The SSC provides this platform, and connects directly with decision-making bodies of our government. Its breadth and diversity are its strengths.
Kritische Bestandsaufnahme der Politikberatung
Der SWR treibt seine Analyse der Politikberatung in der Schweiz mit einer weiteren Studie voran.
Im August 2020 entwickelte der SWR eine Landkarte mit all jenen Wissenschafts-organisationen, Universitäten, Lobbyisten, Beratungsfirmen usw., die den Bund und das Parlament mit wissenschaftlicher Politikberatung in BFI-Fragen versorgen. Die Landkarte oder das «Mapping», das im Herbst 2020 dem Rat vorgelegt wurde, wirft ein Licht auf ein dicht bespieltes, heterogenes Feld (siehe Abbildung unten) von Akteuren innerhalb und ausserhalb der Verwaltung. Die Swiss National Covid-19 Science Task Force war damals seit einigen Monaten im Amt und veröffentlichte regelmässig sogenannte Policy Briefs zum Pandemiegeschehen in der Schweiz. Eine ad hoc Task Force war in dieser Form ein Novum für die Schweiz.
Im Frühsommer initiierte der Rat eine weitere Studie zu bestehenden Beratungs-instrumenten, wie gut Ressortforschung, Expertengruppen, ausserparlamentarische Organisationen oder Beratungsfirmen die Bedürfnisse der Behörden befriedigen und welche dieser Instrumente im Hinblick auf zukünftige Krisen die erfolgversprechendsten sind. Durchgeführt wird die «Kritische Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Politikberatung für Bund und Politik» durch die drei Forschenden Caspar Hirschi, Fritz Sager und Céline Mavrot. Die ersten Resultate liegen im März 2022 vor und werden mit der Bundeskanzlei und anderen Anspruchsgruppen diskutiert. Auslöser für dieses Projekt waren auch die parlamentarischen Vorstösse von Matthias Michel, Olivier Français und Jacqueline DeQuattro.